Scheinbar ja: ich war recht entsetzt, als ich gestern beim TV-Zappen in einer Reportage über Tanorexie hängen blieb. Da wurde ein - ziemlich dunkelbraun gebrutzeltes - Paar gezeigt, das normalerweise dreimal die Woche ins Solarium geht. Nun wollten sie für das “Experiment” ganze sechs Tage am Stück darauf verzichten. Dass es ihnen dabei gar nicht gut ging, zeigte dann das filmische Tagebuch: am dritten Tag saß die Frau frierend und missgestimmt herum, eingemummelt in dicke Pullover, und auch ihr Mann fühlte sich schlecht. Eine dritte “Süchtige” wollte den Entzug schon am 4.Tag abbrechen, hielt letztlich aber mit großer Mühe durch. Alle drei Kandidaten waren sehr erleichtert, als die sechs “sonnenlosen” Tage durchgestanden waren und zeigten trotz der gerade gemachten Erfahrung keinerlei Krankheitseinsicht - ganz wie es für Suchtbetroffene typisch ist.
Wikipedia schreibt zur Solariumsucht: “Die Betroffenen sollen die „perfekte Bräune“ anstreben und ihr Schönheitsideal über stark gebräunte Haut definieren. Ihr Wunsch nach Körperbräune übersteige dabei ein normales und gesundes Maß. Sie haben Angst davor, zu blass und damit unattraktiv zu werden, und bräunen sich daher möglichst oft und intensiv, sowohl in der Sonne als auch mit Hilfe von häufigen Besuchen in Sonnenstudios, wobei diese Angst selbst bei objektiv sehr starker Bräunung bestehen bleibe und dazu führe, dass die Haut immer weiter gebräunt werden muss. Mögliche Folgerisiken sind vorzeitige Hautalterung, Hautveränderungen wie beispielsweise Pigmentstörungen (Hautflecke), Hautkrebs und Zahnausfall aufgrund der übermäßigen Erwärmung.”
Zwar ist das “Krankheitsbild Tanorexie” als neue, nicht stoffgebundene Sucht noch nicht anerkannt, doch nehme ich an, das ist nur eine Frage der Zeit und bemisst sich mehr nach gesundheitspolitischen (und finanziellen!) Kriterien als nach der objektiven Situation der Betroffenen. Persönlich kann ich mir diese Sucht durchaus vorstellen, denn neben der Bräunung wirkt die künstliche Sonne ja auch stimmungsaufhellend. Diese aber kann man sich durch Lichttheraphie und entsprechende Lampen ganz ohne Risiko für die Gesundheit verschaffen - dazu demnächst mehr.
# Link | Christiane Bach | Dieser Artikel erschien am Mittwoch, 15. Oktober 2008 um 08:17 Uhr in Wellness: Erfahrungen | 6893 Aufrufe
Kommentare:
Ich habe die Sendung auch gesehen und war ebenso entsetzt. Zu Beginn dachte ich, es muss sich um einen Scherz handeln, aber als man den Personen den Entzug ansah, war ich baff.
Mich interessiert, wo diese Sucht genau ansetzt. Ist sie vielleicht in einem Schönheitsideal begründet, das einem bestimmten gesellschaftlichen Milieu entspringt?
Nicole am Mittwoch, 15. Oktober 2008 um 13:20 Uhr
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